Paul Prüfer

Ich heiße Sie herzlich Willkommen beim Herrenschuhe-Tester. Mein Name ist Prüfer, Paul Prüfer. Ich sage Ihnen welche Herrenschuhe einen Kauf wert sind und welche getrost im Regel der Händler verstauben dürfen.

Mercedes Schuhe im Test

Mercedes Schuhe

Beim Namen Mercedes denkt man eher an einen deutschen Nobelkarossenhersteller als an eine Schuhmarke. Doch tatsächlich werden bereits seit 1909 und damit 17 Jahre vor Gründung von Mercedes Benz, in Osnabrück Mercedes Schuhe hergestellt. Die Firma kann dementsprechend auf eine lange Tradition zurückblicken, wovon man sich hier aber nicht täuschen lassen sollte, denn lange Jahre schien die Marke vom Erdboden verschluckt zu sein. Erst seit Ende 2005 erfolgte die Wiederbelebung, nachdem Mercedes Schuhe von der HR-Gruppe übernommen wurde. Dahinter stehen die Schuhhandelsunternehmen Hamm und Reno und seitdem finden sich Mercedes Schuhe vornehmlich im breiten Sortiment der Schuhhandelskette Reno und dürften daher einer breiteten Öffentlichkeit bekannt sein.

Mittels einer wahrscheinlich nicht ganz billigen Imagekampagne, unter Federführung von den Werbern von Scholz & Friends, wurde der Marke ein modernes Image verpasst. Höhepunkt dürfte wohl die Zusammenarbeit mit dem Fußballbundesligisten Werder Bremen gewesen sein, dessen offizieller Ausrüster Mercedes Schuhe von 2006 bis 2010 war. Mittlerweile treten die Werder-Kicker übrigens in Lloyd-Schuhen auf.

Doch auch wenn diese veritable Partnerschaft nicht mehr existieren mag, in alten Pressemitteilungen finden sich noch so unglaublich schöne Treueschwüre, wie der von Werder-Manager Klaus Allofs, der auf die Frage, welche Lieblingsmarke er denn habe, angeblich antwortete: »Am liebsten sind mir natürlich Schuhe von Mercedes!«

Für mich als alten Fußball- und Schuhfan ist das natürlich die perfekte Steilvorlage und so habe ich mir ein Paar Mercedes Schuhe zukommen lassen, um Sie einmal durch mein Testlabor zu schleifen. Ob die Qualität der Schuhe mit der gleichnamigen Autoedelmarke mithalten kann, oder ob sie einen ähnlichen Weg geht wie die 1. Mannschaft von Werder Bremen in der Saison 2010/2011, erfahren Sie in meinem ausführlichen Test.

Das Testergebnis

Optik

Schade, ich hätte mich sehr über einen pfiffigen Namen bei dem Schuhmodell meiner Wahl gefreut, doch im Reno-Shop heißt der Schuh schlicht »Mercedes Halbschuh, schwarz«. Bei dem Modell handelt es sich um einen klassischen Herren Halbschuh im sportlich eleganten Derbyschnitt. Auf den ersten Blick gibt es hier nichts zu meckern und der Mercedes Schuh könnte zum neuen »Sechser« meiner Schuhkollektion avancieren. Vielseitig einsetzbar und dank klare schöner Formen hübsch anzusehen. Gerade der spitz zulaufende vordere Teil des Schuhs hat es mir angetan.

Dem flüchtigen Blick hält der Mercedes Schuh also stand. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass es sich nicht um einen Captoe handelt. Die abgetrennte Vorderkappe wird lediglich durch eine Ziernaht angedeutet und erweist sich als Kirmes. Ich schaue einmal rundherum und erblicke überall diese Ziernähte, deren visuelle Bedeutung sich mir nicht erschließen mag. Vorne findet sich noch eine elliptische Doppelziehrnaht und auf den Seitenquartieren sind diese auch noch unglaublich dynamisch geschwungen, beinahe wie bei einem Sportschuh. Wurde der Mercedes Schuh etwa noch zu Zeiten der Werder-Partnerschaft designt? Muss ja, denn auf gediegenen Anlässen hat Mann mit diesen Schuhen definitiv nichts verloren – dann schon eher im Stadion.

Die Ösen der 4-Paar-Schnürung sind von außen deutlich zu sehen und eben nicht geschickt im Leder versteckt. Schade. Der sich durch sie ziehende Schnürsenkel ist auch viel zu dick und flauschig. Sein Einsatzgebiet ist eher bei einem Wanderschuh zu suchen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie unangenehm sich eine Regendusche hier auswirken würde.

Nein, was auf den ersten Blick edel und dank der schwarzen Farbe auch anmutig wirkt, entpuppt sich rasch als optischer Rohrkrepierer. Vielleicht will der Mercedes Schuh ja auch nur auffallen und aus dem Einheitsbrei der Masse herausstechen. Ich bin ein wenig enttäuscht, denn hier wurde massig Potenzial liegen gelassen. Aber immerhin stimmt die äußere Form und der gewiefte Leisten, auf dem der Schuh gefertigt wurde.

Verarbeitung

Das Sägeblatt surrt durch das Leder des Schuhs und teilt ihn sauber in zwei Hälften. Neugierig blicke ich in den nun aufgeschnittenen Schuh und was ich dort sehe und fühle, lässt mein Schuhliebhaberherz bluten. Noch niemals zuvor sah es in einem meiner Testschuhe so übel aus wie hier. Zuerst erblicke ich die zwei Hohlräume im mit Gummi verkleideten Holzabsatz. Warum und wieso die da sind, kann ich nicht sagen. Vielleicht bieten sie der Nässe, die wohl unweigerlich in den Absatz eindringen wird, ein trockenes Heim?

Zwischen Brand- und Laufsohle findet sich keine Pufferschicht. Beim preislich ähnlich gelagerten Modell von Deichmann gab es sogar eine Korkausballung, hier herrscht gänzliche Fehlanzeige. Völlig ungepolstert lagert die Ferse auf dem starren Holzabsatz. Das schäbige Pappteil, was ich finde, kann mit Polsterung nicht gemeint sein. Ich kann mir jetzt schon ausmalen welch Qualen mein Fuß nach kurzer Zeit in diesem Schuh ertragen wird. Dafür gibt es ein Polster in der Zunge des Schuhs. Der Grund bleibt unklar. Sicherlich, bei einem zu hohen Spann kann ein Polster hier Linderung verschaffen, aber dafür gibt es Zubehörartikel und niemand stellt alle Kunden gleich unter den Generalverdacht eines zu hohen Spanns. Besonders hier erwarte ich eine rasche Schweißbildung im Schuh, da die nötige Luftzufuhr unterbrochen wird.

Und es wird noch viel schlimmer. Bereits ohne den Schuh aufgeschnitten zu haben, kann ich ohne großen Kraftaufwand die Innensohle lösen. Wer hier also einmal mit dem Schuhlöffel hängen bleibt, hat in Sekundenschnelle seinen Schuh ruiniert. Jetzt im Aufschnitt zieh ich weiter an der Innensohle und im Nu hab ich sie komplett gelöst. Das Gleiche versuche ich mit dem gesamten Schaft und auch hier gelingt es mir blitzschnell und unter nur mäßiger Krafteinwirkung das Lederteil von der Laufsohle zu reißen. Die billigen Verklebungen haben mir nichts entgegen zu setzen. Nirgends finde ich auch nur eine Naht, durch die die Schuhteile miteinander verbunden sind. Ein Debakel.

Für den Kurzeinsatz sind die Mercedes Schuhe sicherlich gut geeignet. In der Verlängerung werden ihnen aber sehr schnell die Kräfte beziehungsweise die Verklebungen ausgehen. Schade, ich hätte mir nicht vorstellen können, dass bei einem Schuh, bei dem soviel Leder verarbeitet wurde, sich so wenig Liebe zum Detail findet.

Ledertest

Der bildliche Hinweis auf der Zunge verspricht Leder satt im und am Schuh. Und hier ließ sich Mercedes auch nicht lumpen – den Hinweis »Made in India« lass ich hier einmal unkommentiert stehen. Oberleder, Innenfutter und Sohle sind aus echtem Leder gefertigt und bringen dann doch wieder ein wenig Freude bei mir zurück.

Sicherlich, das Oberleder ist mir persönlich eine Spur zu weich, doch Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Ich selbst habe hier Angst vor rasch auftretenden Gehfalten im Leder. Allein der Geruch macht mich nicht gänzlich glücklich. Hochwertig gegerbtes Leder riecht meiner Meinung nach vollmundiger und aromatischer. Meine Nase stört sich an der chemischen Note.

Beim Wassertest können die Mercedes Schuhe punkten. Ähnlich wie bei Werder-Keeper Tim Wiese an seinen besten Tagen, prallt das Wasser kommentarlos am Leder ab und lässt nichts durch. Perfekt.

Tragetest

Meine Ängste vor den Mercedes Schuhen lösen sich nach dem Überstreifen in Wohlgefallen auf – zumindest in den ersten zehn Minuten. Sie sitzen eng und weich am Fuß und dank ihres leichten Gewichts gehe ich beschwingten Schrittes durch die Fußgängerzone meines Ortes. Ich bin überrascht. Sollten sich die Missstände im Schuh nicht auf mein Geherlebnis auswirken? Doch! An den Außenseiten meines Spanns fangen die Mercedes Schuhe an zu drücken. Tatsächlich erweist sich der schmale Leisten, auf dem die Schuhe gefertigt wurden, für mich als zu schmal. Eine größere Weite bekommt meinen Füßen einfach besser.

Den Schmerzmoment in der Ferse erlange ich nach einer knappen Stunde Bewegung. Kein Wunder, die fehlende Polsterung fordert ihren Tribut. Vielleicht kann hier eine Einlegesohle helfen?

Nach einigen Wochen zeigt die Ledersohle deutliche Gebrauchsspuren, ist dabei aber widerstandsfähiger als bei manch anderem Modell. Die Druckstellen an meinem Vorderfuß bleiben jedoch bestehen, auch wenn sich nach dem Einlaufen ein wenig Besserung eingestellt hatte.

Für längere Aufenthalte sind die Mercedes Schuhe sicherlich nicht geeignet, es sei denn, der Träger neigt zum Masochismus. Für kurze Auftritte über wenige Stunden reichen die Schuhe aber alle Mal aus – allein von langen Messeausflügen und Spaziergängen rate ich ab.

Sonstiges

Was Mercedes im Schuh vermissen lässt, findet sich dann im Karton der Schuhe: Die Liebe zum Detail. Neben einem Nylonschuhbeutel für die Aufbewahrung und den Transport der Schuhe finden sich ein einfaches Schmutztuch und sogar ein kleiner Plastikschuhlöffel. Mit solch reichhaltigem Zubehör hätte ich nicht gerechnet, gerade wenn ich an das lieblose Verkleben der Schuhe im Werk denke. Sicherlich, das Zubehör ist weit entfernt vom Prädikat »Hochwertig« und das Schmutztuch dürfte nach einer einmaligen Anwendung reif für die Mülltonne sein, doch die Hilfsmittel geben den Schuhbesitzern ein feines Starterpaket mit an die Hand und das find ich wiederum sehr lobenswert. Der kleine Plastikschuhlöffel eignet sich ebenfalls perfekt zur Mitnahme auf Reisen und wird sicherlich zum treuen Begleiter der Neuschuhbesitzer. Top!

Mein Fazit

Eijeijei, eigentlich wollte ich es mir verkneifen, aber ich komm einfach nicht um den schnöden Werbesatz von Mercedes Schuhe herum. Vollmundig ist auf der Internetseite zu lesen: »Seit 1909 arbeiten wir am perfekten Schuh. Jetzt ist er endlich fertig.« Wenn das wirklich stimmen sollte, dann tut mir die Firma aus Osnabrück wirklich leid. Vermutlich klingt der Spruch einfach zu gut, am Wahrheitsgehalt habe ich arge Zweifel. Ich denke eher, dass die Mercedes Schuhe von 1909 noch in einer ganz anderen Liga gespielt haben, anders lässt sich das lange Bestehen der Traditionsfirma nicht erklären. Mit Schuhen wie denen von mir hier getesteten, lässt sich jedenfalls kein Ruhm begründen.

Zu unausgegoren das Design, beschämend die flapsige Verarbeitung, die viele Standards einfach vermissen lässt und zu unbequem das letztliche Geherlebnis der Mercedes Schuhe. Schade. Gerade der Mut zum spitz zulaufenden Modell hat mir sehr gut gefallen und ich versteh einfach nicht all die optischen Verschlimmbesserungen durch die vielen Ziehrnähte.

Auf der einen Seite wird viel Leder verarbeitet, was für einen gewissen Qualitätsanspruch bürgt und dann finden sich solch ungebührende Verarbeitungshinweise im Inneren des Schuhs. Ohne große Kraftanstrengungen konnte ich den gesamten Schaft von der Sohle lösen. Was mir in Sekundenschnelle gelang, wird unter natürlichen Bedingungen auch nicht allzu lange auf sich warten lassen. Ebenso kann ich im Preissegment um die 70 Euro (die Schuhe kosteten mich exakt 69,95 Euro) durchaus eine Ausballung zwischen Brand- und Laufsohle erwarten. Meine Füße würden es mir danken.

Insgesamt haben mich die Mercedes Schuhe wirklich enttäuscht und tatsächlich kann man ihre Situation mit der von Werder Bremen im Frühjahr 2011 vergleichen: Es ist viel Potenzial vorhanden und immer wieder finden sich gut Ansätze, aber letztlich wird es nicht ausgenutzt. Schade.

Der Artikel wurde geschrieben am Freitag, Februar 11th, 2011 um 16:00 in der Kategorie Schuhtests. Sie können neuen Einträgen im RSS 2.0 feed folgen. Sie können einen Kommentar hinterlassen, oder einen Trackback von Ihrer Seite setzen.
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Kommentare
  1. Naskovski Zoran sagt:

    Hallo Liebe Freunde
    Ich habe eine sehr grosse bitte habe schon immer mercedes schuhe gtragen und habe die lezte auch aber ich muss leidr sagen die sind jetz einfach kaput gegangen wie lang ist garantie auf die schuhe.

  2. Marc Koch sagt:

    Hallo Zoran,

    ich versuch’s kurz darzustellen: „Garantie“ ist nicht „Gewährleistung“ und damit rechtlich eine zusätzliche, freiwillige Leistung des Händlers und/oder des Herstellers und greift in Deinem Falle m. E. ohnehin nicht.

    Die gesetzliche „Gewährleistung“ für eine zum Kaufzeitpunkt mangelfreie Ware beträgt in Deutschland 24 Monate (ggf. per Sonderkondition auf 12 Monate reduziert). Hier sehe ich Dich aber in der Beweispflicht, dass der nun entstandene Schaden auf eben einen solchen, grundsätzlichen Mangel VOR Kauf/Erstnutzung zurückzuführen ist. M. E. bist Du da fast chancenlos…

    Einzig greifen könnte – in Unkenntnis der realen Details des entstandenen Schadens an Deinen Schuhen – eine Kulanz des Herstellers oder Verkäufers -> einfach kontaktieren, Fall beschreiben und hoffen. Ich fürchte mehr Optionen hast Du nicht, insbesondere dann nicht, wenn die Schuhe schon regelmäßig getragen wurden und nicht völlig offensichtlich z. B. eine wasserdichte Membran, auf die Du 2 Jahre Garantie (!) hättest, vorzeitig bei regulärem Gebrauch versagt hätte.

    Ich hoffe, Du konntest mit meinen Ausführungen etwas anfangen. Ich drück die Daumen 😉

    Beste Grüße, Marc

  3. Branislav Pridala sagt:

    Ich habe mir vor kurzem das erste mal die Mercedesschuhe gekauft. Nach einem Monat tragen fing die Sohle sich vorne an der Spitze zu lösen. Und das nach einem Monat tragen. Habe die Schuhe reklamiert also mal sehen.

  4. Johannes Kopp sagt:

    Mir ist die Marke eigentlich egal, ich benoetige solide schwarze Schuhe fuers Büro. Seit ich Mercedes Schuhe kaufe, ich habe einen schlanken Fuß, bin ich perfekt ausgestattet. Die Schuhe halten bei taeglichen Gebrauch 2 Jahre, dies ist 1 Jahr laenger als Borelli und Co. Suma sumarum ich bin aus gesprochen zufrieden

  5. Stiben sagt:

    Die größte Scheiße was ich gekauft habe…. Nie nie nie… Never

  6. Schiller Thomas sagt:

    Hallo,
    ich habe mir am 23.09.2014 eine Stiefellette vom Mercedes gekauft.
    Der Schuh sah auch optisch sehr gut aus bis ich leider das erstemal in eine Regenschauer geraten bin. Zum einen bekam ich nasse Füße und zum anderen bekam das Leder hässliche Flecke genau auf der Oberseite. Nach mehrmaligen rauspolieren ging es dann bis es wieder mal einen Schneeregen gab die den Schuh dann noch mehr schadete. Als ich den Schuhe in eine Filiale von Reno schaffte mit dem Kaufbeleg wurde mir mitgeteilt dies keine Fehler vom Hersteller sei sonder meiner da der Schuh nicht für schlechtes Wetter ausgegelegt sei. Für mich bedeutet das das ich diese Marke dann nicht mehr kaufen kann, weil ich ja nicht unbedingt bei Regen und kaltem Wetter Barfuss laufen will weil der Schuh dafür nicht geeignet ist.

  7. Fritz Müller sagt:

    Halte ich für eine sehr fragwürdige Argumentation.

    Ich würde von den Mängelrechten nach § 437 BGB Gebrauch machen, etwa den Rücktritt vom Kaufvertrag. Falls nichts vereinbart wurde (wovon ich angesichts der typischen Situation beim Schuhkauf ausgehe), gilt § 434 I S.2 Nr. 2 BGB als Definition für den Sachmangelfreiheit: „wenn sie [die gekaufte Sache] sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.“

    Zumindest in Deutschland fällt unter gewöhnliche Verwendung auch das Laufen bei Regenwetter und das darf man auch erwarten, so weit nicht ausdrücklich vor Vertragsschluß darauf hingewiesen wurde.