Paul Prüfer

Ich heiße Sie herzlich Willkommen beim Herrenschuhe-Tester. Mein Name ist Prüfer, Paul Prüfer. Ich sage Ihnen welche Herrenschuhe einen Kauf wert sind und welche getrost im Regel der Händler verstauben dürfen.

Gummisohlen nachträglich auf Ledersohlen anbringen?

Gummisohlen

Durch einen Kommentar eines aufmerksamen Lesers meines bescheidenen Blogs bin ich darauf aufmerksam gemacht worden, das die Firma Shoepassion ihren rahmengenähten Herrenschuhen mittlerweile ein Paar Vibram-Gummisohlen gratis beilegt. Seine Frage war die nach den zu erwartenden Kosten für die nachrägliche Anbringung der Gummisohle beim Schuster. In meinem Beitrag will ich versuchen dies zu klären, möchte dabei aber auch noch einige Schritte weitergehen, denn bei der Frage, ob man Ledersohlen zusätzlich mit einer Gummisohle schützt, streiten sich die Schuhgelehrten teilweise wie die Kesselflicker und teilen sich strikt in zwei Glaubensrichtungen. Ich will versuchen die Vor- und Nachteile zu schildern, denn eines schon mal kurz vorneweg: DIE Lösung schlechthin gibt es (natürlich) nicht. Es mag jeder für sich und seine Ledersohlenschuhe selbst entscheiden, ob er auf eine zusätzliche Gummisohle vertraut oder eben nicht.

Seit der Erfindung der Vulkanisation durch Charles Goodyear (seinem Sohn haben wir die bezahlbaren rahmengenähten Schuhe zu verdanken) im Jahre 1839 ist es möglich, Schuhe mit einer robusten und wasserundurchlässigen Gummisohle auszustatten. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es folglich keine Diskussion, ob denn nun eine Leder- oder Gummisohle besser wäre. Natürlich dauerte es eine Weile bis die Allgemeinheit von den nun deutlich billiger zu produzierenden Schuhen überzeugt wurde. Die Gummisohle trat ihren Siegeszug im 20. Jahrhundert an. Vor allem die Sneaker (die so heißen, da man mit der Gummisohle auf einmal nahezu geräuschlos unterwegs war) sind als Krone der Gummisohlenschöpfung zu nennen. Bei den klassischen Herrenschuhmodellen indes tut Mann sich bis in unsere Gegenwart schwer.

Dazu zwei Argumente:
1.) Meist sind die Gummisohlen ein Indiz für einen preiswert in Fernost verklebten Schuh.
2.) Allein die Ledersohle scheint auch weiterhin Bürge für einen hochqualitativen Schuh zu sein.

Ja und Ja – aber dann doch natürlich nicht verbindend. Fakt ist, dass Gummisohlen natürlich auf den chinesischen Billigschuhen massenweise verklebt sind und ebenso ist eine Ledersohle ein gewisses Qualitätsmerkmal für einen Herrenschuhe – aber eben nicht nur. Mittlerweile haben auch die namenhaften Hersteller sich auf die Bedürfnisse der, nun, nennen wir sie einmal „klimatisch ungünstig Wohnenden“ eingestellt und produzieren erstklassige und wunderschöne Herrenschuhe mit Gummisohle. Doch wie sieht es nun aus mit einer Verbindung von beiden? Was spricht für die nachträglich montierte Gummisohle und warum sollte man es auf jeden Fall lassen?

Machen wir es kurz und werfen einen Blick auf die Argumente der jeweiligen Glaubensanhängern:

Argumente gegen eine nachträglich angebrachte Gummisohle

– die Rahmennaht kann beim Anschleifen der Ledersohle zerstört werden
– das Herausbilden eines eigenen Fußbettes wird durch die Gummisohle behindert (*****)
– die Schuhe fühlen sich durch die angebrachte Gummisohle steifer beim Laufen an (****)
– der Fuß kann im Schuh nicht mehr richtig atmen (***)
– es schadet der Ästhetik (***)
– sie verändert die Statik des Schuhs (***)

Argumente für eine nachträglich angebrachte Gummisohle

– Ledersohle wird vor Feuchtigkeit geschützt und Füße bleiben immer trocken
– sofern sie dünn ist, schadet sie überhaupt nicht der visuellen Erscheinung
– ein festerer Stand ist garantiert
– die Rahmennaht wird geschützt
– das Leder kann sowieso nicht atmen, es fördert lediglich die Diffusion
– Ledersohlenabrieb wird vermindert, vor allem dem Schuhspitzenbereich kommt dies zu Gute

Nach Kenntnis der angeblichen Vor- und Nachteile, wissen Sie jetzt mehr? Haben Sie eine Antwort für sich gefunden? Abgesehen davon, dass manch Gegenargument mit viel Humbug schwanger geht (den Fortschritt entnehmen sie bitte der Anzahl der Sternchen in Klammern), ist es wohl wie so oft im Leben und letztlich muss jeder für sich selbst entscheiden, welchen Weg er auf welcher Sohle zurück legen möchte. Ich persönlich bin der Ansicht, dass wenn ich all die Vorteile einer Gummisohle nutzen möchte, ich mir eben ein Paar Schuhe zulege, die von vorne herein über eine solche verfügen. Die bekannten Hersteller bieten da längst sehr gute Modelle an. Bei mir ist dies sogar der Fall, denn ich habe mehrere Ledersohlenschuhe und ein Paar Schlechtwetterschuhe mit Gummisohle in der Rotation. So bin ich für jede Witterung bestens gewappnet. Darüber hinaus habe ich ein Paar von mir einst mit eben jener dünnen Vibram-Gummisohle versehen sind, die Shoepassion aktuell seinen Herrenschuhen beilegt. Ich schätze daran, dass der Abbrieb unter der Sohlenspitze, der bei mir doch recht stark ist, durch eben jene Sohle beinahe verhindert wird. Gut, ich rutsche auch nicht mehr auf Teppichböden und Parkett weg, aber ganz ehrlich, ich habe gelernt mit der Ledersohle zu laufen. Dem Problem des starken Lederabriebs unter der Spitze begene ich eher mit Stoßplättchen.

Jeder Jeck ist anders

Ich selbst würde mich eher als Puristen bezeichnen und schwöre daher überwiegend auf die pure Ledersohle – damit laufe ich nach meinem Empfinden absolut richtig. Die Ledersohlen sind, sofern der Schuh eine gewisse Qualität besitzt, so dick, dass Wasser und Schotter ihnen nichts anhaben kann. Darüber hinaus bin in der bequemen Situation, stets mit dem eigenen Wagen ins Büro zu gelangen (obwohl der Gang zur Zapfsäule mir mehr und mehr Tränen in die Augen treibt). Bedingt dadurch sind meine Ledersohlen zu 85 Prozent angenehmen Indoor-Gegebenheiten ausgetzt und werden dementsprechend geschont. Wer nun aber einen längeren Fußweg ins Büro zu bewältigen hat, dieser vielleicht noch über viel Kopfsteinpflaster, Schotter- und Splittstrecken verläuft, für den ist eine dünne Teilschutzsohle des vordern Bereiches absolut zu empfehlen. Und nein, die Ästhetik ist keinesfalls gefährtet, denn die Gummisohle von der wir hier sprechen hat lediglich eine Stärke von einem bis maximal zwei Millimetern.

Für welche Methode Sie sich auch entscheiden mögen, stehen Sie dazu und vergessen Sie das Geschrei der Gegenseite. Allein Sie müssen damit glücklich sein. Jeder Jeck ist eben anders und das ist auch gut so.

Ach ja, bevor ich es vergesse. Für die dünnen Schutzsohlen benötigt der versierte Schuhmacher um die 20 Minuten – dieser Blogartikel beschreibt die Vorgehensweise ganz wunderbar. Bei den Kosten wird es dann ein wenig undurchsichtig. Habe da die verrücktesten Preise gefunden und lege mich demnach fest: Zwischen 10 bis 20 Euro wird Ihnen der Schuhmacher für diese Dienstleistung abnehmen.

Ein stets gutes Geherlebnis wünscht Ihnen

Nachtrag: Auf Nachfrage bei Shoepassion erklärte man mir, dass die Zugabe der Gummisohlen nicht ganzjährig erfolgen würde. Die Herren aus Berlin halten es da ganz wie die Winterreifenproduzenten, die den Einsatz ihrer Reifen von Oktober bis Ostern empfehlen. Dementsprechend kann man wohl erst wieder mit den Vibram-Gummisohlen bei Shoepassion zur kommenden Schlechtwettersaison rechnen – wobei wir die aktuelle ja noch nicht ganz hinter uns gebracht haben (Stand: 04. April 2012).

Der Artikel wurde geschrieben am Mittwoch, April 4th, 2012 um 18:07 in der Kategorie Allgemein. Sie können neuen Einträgen im RSS 2.0 feed folgen. Sie können einen Kommentar hinterlassen, oder einen Trackback von Ihrer Seite setzen.
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