
Im niedersächsischen Sulingen ist die deutsche Traditionsfirma Lloyd ansässig. Sie wissen schon, die mit dem roten Streifen im Absatz. Lloyd Herrenschuhe sind Schuhe des gehobenen Preissegments. Damit sind die Niedersachsen durchaus erfolgreich – nicht nur in Deutschland. Grund genug für mich einmal ein Paar Lloyd Schuhe in mein Testlabor einzuladen.
Wie üblich bei Lloyd bekommt jeder Schuh einen eigenen Namen. Meine Wahl fiel auf »Manolito«, einen klassischen Schnürer im Derbyschnitt. Jener entstammt der Lloyd Herrenschuhe Trend Kollektion, die nach eigenen Angaben alles was die aktuelle Mode und der internationale Trend gerade zu bieten hat vereint. Was das genau sein soll, wird leider nicht erwähnt.
Empfohlen werden die Lloyd Herrenschuhe zum sportlichen Sakko oder zu einem im dunklen Farbton gehaltenen Anzug. Zur Jeans sollten diese Lloyd Herrenschuhe aber ebenfalls eine sehr gute Figur abgeben. Allein zu fein darf der Anlass wirklich nicht sein, da wir hier ganz klar einen Schuh der agileren Art vor uns haben.
Übrigens, »Manolito« ist die spanische Koseform des Namens Manolo (auf deutsch dann Manuel). Ich bin skeptisch, ob die Lloyd Herrenschuhe diese verbale Liebkosung verdient haben.
Doch genug der Vorrede, folgen Sie mir an den Ort der Wahrheit – in mein Testlabor.
Das Testergebnis
Optik
Von seinem Look her stehen die Lloyd Herrenschuhe bei mir Spitz auf Knopf. Positiv sind ihr klassisches Grundkonstrukt, mit der auf beiden Seitenteilen aufliegenden und offenen 5-Loch-Schnürung. Es handelt sich hierbei um einen klaren Derbyschnitt und diesem Klassiker bin ich sehr zugetan. Ebenso weiß das dunkelbraune Oberleder durch die verschiedenen Farbnuancen zu gefallen. Der hier angewandte Gerbprozess kann in optischer Hinsicht als voller Erfolg gewertet werden.
Absolut gar nicht gefällt mir persönlich die verwendete Leistenform, durch die die Lloyd Herrenschuhe in einer unansehnlichen Form zur Spitze hin schmal zusammenläuft um dort dann doch wieder einen skurrilen wagerechten Abschluss zu finden. Für mich beißt sich das. Entweder das Design geht einen aufrichtigen Weg und gönnt dem Schuh einen spitzen Zulauf, oder aber es wird elegant ein klein wenig gerundet, bei gleichzeitig breiterer Vorderkappe. In seiner jetzigen Form aber wirkt der »Manolito« für mich wie ein fehlgeschlagenes Experiment aus dem Schuhlabor.
Die verstärkte Vorderkappe, die mit einer feinen Doppelnaht abgetrennt ist, läuft auf beiden Seiten diagonal nach Innen. Beidseitig wird sie von einer Ziernaht durchstoßen. Dies führt zu einer zentral auf dem Lloyd Herrenschuh liegenden Raute. Man könnte hier sicherlich von einem modisch legeren Kniff sprechen – für mich ist das ein absolut überflüssiges Gimmick, welches mein ästhetisches Empfinden schwer beleidigt.
So bleibt abschließend ein extrem zwiespältiger Eindruck bei mir hängen. Zum einen lobe ich das Grundkonstrukt des Schuhs, störe mich aber maximal an den optischen Verschlimmbesserungen. Ein wahrer Derby würde modisch eleganter und einen ganzen Tick dynamischer erscheinen. Schade.
Verarbeitung
Auf den ersten und flüchtigen Blick macht die Verarbeitung der Lloyd Herrenschuhe einen guten Eindruck. Doch schaut man nur etwas genauer hin, so fällt auf, dass der Teufel hier gar nicht erst im Detail zu suchen ist – nach dem Durchschneiden von »Manolito« lachte er mir direkt und unverhohlen ins Gesicht.
In der Produktbeschreibung von Lloyd steht: „Innen komplett in Leder gefüttert.“ Für den hinteren, gut sichtbaren Bereicht der Lloyd Herrenschuhe trifft das auch zu, kurz vor der Vorderkappe indes treffe ich billiges Textil an. Hat Llyod hier etwa geflunkert? Wehe dem, der in diesen Schuhen feuchte Füße bekommt.
Die Polsterung der Lederdecksohle besteht aus einfachem Schaumstoff und allein ein wenig Druck mit dem Finger offenbart das Versagen dieser Auskleidung. Hier wird es definitiv und zu keinem Zeitpunkt eine perfekte Passform geben.
Ohne großen Kraftaufwand lässt sich nun auch die Decksohle von der Laufsohle abreißen. Der verwendete Kleber kann mir nicht viel entgegensetzen. Eine Ausballschicht als auch ein Gelenkstück suche ich vergebens – deren Existenz wird ehrlicherweise aber auch gar nicht erst von Lloyd suggeriert. Die Machart der Herrenschuhe bleibt ebenso unerwähnt.
Der aufgesetzte Rahmen, samt sichtbarer Naht, dient hier allein der Zierde – Schaft und Brandsohle sind, wie so vieles bei diesen Lloyd Herrenschuhen miteinander verklebt.
Der Absatz, der auch das bekannte Markenzeichen der Lloyd Herrenschuhe beherbergt, macht dagegen einen guten Eindruck. Er hat die optimale Höhe, weist mehrere Schichten auf und kommt mit einer praktischen Gummiabsatzflecke daher. Das alles ist grundsolide und sollte dementsprechend einen raschen Abrieb vermeiden.
Es lässt sich festhalten: Lloyd hat mich in einem Punkt in die Irre geführt – das Innenfutter besteht mitnichten komplett aus Leder. Dies bedeutet nach meinen Regeln einen gesamten Punkt Abzug. Die restliche Verarbeitung des Schuhs, so unverständlich es sich anhören mag, ist in Ordnung – zumindest wenn ich hier einen Schuh der Preislage 60 bis 70 Euro in den Händen halten würde. Der »Manolito« aber wird von Lloyd mit 125 Euro ausgewiesen. In dieser Preisklasse kann ich als Kunde aber definitiv mehr erwarten. Ich bin enttäuscht!
Ledertest
Wie etwa 85 Prozent aller Lloyd Schuhe, besteht das Oberleder des »Manolitos« aus Kalbsleder. Das Leder ist Boxcalf-typisch sehr schmiegsam und dabei doch fest. Bei diesem Leder kann man eigentlich nicht falsch liegen. Prinzipiell kommt Boxcalf mit einer sehr feinen und interessanten Narbung daher – Lloyd konnte diese, durch ein offensichtlich aufwendiges Gerbverfahren, noch mit einem i-Tüpfelchen versehen. Das schillernde Farbenspiel des dunkelbraun durchgefärbten Leders ist eine wahre Freude fürs Auge.
Der Teil des Innenbereiches, der auch mit Leder gefüttert wurde, macht einen guten und soliden Eindruck. Hier hab ich nichts auszusetzen.
Auf der Unterseite gibt es dann noch eine kombinierte Glattleder-/Gummisohle zu bewundern. Keine schlechte Idee, wenn man bedenkt, dass dieses Glattleder der Lloyd Herrenschuhe hier kaum mit dem Boden in Kontakt kommen und der Gummipart für den nötigen Halt sorgen wird. Sieht zwar nicht so schick aus wie eine pure Ledersohle, aber erweist sich im Einsatz als äußerst praktikabel.
Abgesehen davon, dass hier nicht der versprochen hohe Anteil von Leder verarbeitet wurde, kann der »Manolito« im Ledertest überzeugen. Die Qualität des Leders ist hochwertig und seine Stärke genau richtig. Bei der Fertigung der Lloyd Herrenschuhe galt jedoch: nicht mehr als nötig.
Tragetest
Die Stunde der Wahrheit. Wie werden sich meine Füße und der »Manolito« verstehen? Haben die Lloyd Herrenschuhe ihren spanischen Kosenamen verdient und werde ich diesen nach einigen Wochen des Auftragens leise und glückselig hauchen?
Der Einstieg in den Schuh verläuft dank des geschmeidigen Boxcalf-Leders und der offenen Schnürung problemlos. Die Lloyd Herrenschuhe umschließen meine Füße und passen perfekt. Es scheint nichts zu drücken, und durch das geringe Gewicht des Schuhs macht sich bei mir so etwas wie Erleichterung breit. Die ersten Schritte fühlen sich einfach wunderbar an – ja, es kann hier von einem bequemen Geherlebnis gesprochen werden. Das hätte ich nach dem Blick unter die Haube des »Manolito« jetzt nicht unbedingt erwartet. Doch Zweifel bleiben bestehen. Wie werden sich die fehlende Polsterung und das minderwertige Fußbett der Lloyd Herrenschuhe auf Dauer auswirken und wie sehr werde ich mit Fußschweiß zu kämpfen haben?
Eine Woche später. Meine Befürchtungen haben sich leider bestätigt. Längere Märsche machen sich vor allem am Hacken bemerkbar. Er schmerzt, allein der Schaumstoff und der Absatz der Lloyd Herrenschuhe wissen ihn nicht zu schützen. Weitere Druckstellen offenbaren sich auf meinem Spann. Sicherlich, dieser ist bei mir vielleicht ein klein wenig breiter als der des Durchschnitts aber prinzipiell habe ich auf diesem Gebiet bisher keine nennenswerten Probleme gehabt.
Die Gummiledersohle trotzt des Anforderungen des Alltags mühelos und sieht selbst nach einigen hässlichen Erlebnissen (fiese Splittstraßen) immer noch passabel aus. Gleiches gilt für den Absatz der Schuhe. Auch erfreulich: Lauffalten machen sich nicht bemerkbar – sofern wirklich auch immer ein Schuhspanner nach Gebrauch eingesetzt wird.
Das Schuhklima der Lloyd Herrenschuhe ist wiederum nicht das Beste. Hier schlagen einfach die Verklebungen des Schuhs, als auch das verarbeitete Textil im Innenraum zu Buche. Die Füße haben keine wirkliche Chance auf eine richtige Belüftung und so fingen meine Füße im »Manolito« wirklich rasch zu schwitzen an. Kein Vergleich zu einem rahmengenähten Schuh. Schade.
Licht und Schatten liegen bei diesen Lloyd Herrenschuhen wieder dicht beieinander. Für kurze Aufenthalte in ihnen eignen sie sich wirklich hervorragend. Auch die Abnutzung des Schuhs hält sich wirklich in Grenzen. Einen Langzeitaufenthalt würde ich hier nun aber wirklich nicht buchen. Die mangelhafte Passform, geschuldet dem Fehlen von hochwertigen Materialien und die rasche Fußschweißbildung sind klare Argumente dagegen.
Sonstiges
Nach irgendwelchen Besonderheiten hab ich leider vergeblich gesucht. Die Lloyd Herrenschuhe erreichten mich in einem schlichten Firmenschuhkarton, der ohne zusätzliche Goodies daherkam. Keine Ersatzschnürsenkel, kein Schuhbeutel, kein gar nichts. Da kann man heute durchaus schon mal etwas anderes als Kunde erwarten.
Der Preis der Herrenschuhe wird von Lloyd mit 125 Euro ausgegeben. »Manolito« ist dementsprechend nicht gerade ein Schnäppchen – was er leider durch diesen Test bestätigt hat.
Zwei Punkte bekommen die Lloyd Schuhe dennoch von mir. Zum einen muss ich löblich erwähnen, dass Lloyd durchaus eine gestandene Marke am Markt ist und ein Großteil der Herrenschuhträger an sich bindet. Das Vertrauen zum Sulinger Unternehmen scheint ungebrochen hoch zu sein. Dafür Respekt.
Zum anderen habe ich das »Made in Germany« – Etikett mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen. In Zeiten, wo in der deutschen Schuhindustrie mehr und mehr Arbeitsplätze Richtung Asien verschwinden ist es ein positives Zeichen, dass nach wie vor Schuhe in Deutschland produziert werden, die sich jeder Mann leisten kann.

Mein Fazit
Die Beziehung zwischen »Manolito« und mir ist gescheitert. Ich werde den Schuh wohl fortan Señor Manolo nennen, da wir beide es nicht vermochten auf die persönliche Ebene vorzustoßen, die eine Nutzung des Kosenamen »Manolito« verdient hätte.
Unser Verhältnis weist einfach zu viele Baustellen auf. Angefangenen beim unausgegorenen Design der Lloyd Herrenschuhe bis hin zu meinem schmerzenden Hacken. Nein, das war nichts gewesen und es kam noch viel schlimmer. »Manolito« war nicht ehrlich zu mir, in dem er behauptete, sein Innenfutter wäre gänzlich aus Leder – was es nicht war. Ein Spiel mit gezinkten Karten kann niemals Grundstein einer soliden Vertrauensbeziehung sein und einer solchen bedarf es zwischen Träger und Schuh.
Sicherlich, hätte ich mir beim Schuhdiscount um die Ecke ein solches Paar Schuhe für 50 bis 70 Euro geholt, so wäre ich gar nicht so enttäuscht gewesen. Ich hätte deutliche Abstriche in meiner Erwartungshaltung gemacht. Doch hier handelt es sich immerhin um einen Schuh der namhaften Marke Lloyd und dieser ist mit 125 Euro wahrlich kein Schnäppchen mehr. Mir scheint es fast so, als hätte ich mit meinem Geld eher den Namen bezahlt, denn einen hochwertigen Schuh – denn von hochwertig konnte hier keine Rede sein.
Inständig hoffe ich, dass es sich bei »Manolito« nur um das schwarze Schaf der Familie Lloyd handelt – so etwas kommt bekanntermaßen in den besten Familien vor. Irgendwann will ich mir noch einmal ein Paar Lloyd Herrenschuhe in mein Testlabor einladen. Das muss doch besser gehen! Hier und jetzt überwiegt jedoch meine Enttäuschung und so verbleibe ich mit traurigem Gruß.
